Mittwoch, 7. November 2012

Neue Besen kehren nicht gut....

In Provinzstadt und Umgebung gibt es ja viel Wein, also so richtig viel Wein.

Theorie

Vor ziemlich genau 1200 erlaubte Karl der Große den Bauern Teile ihrer selbst angebauten und gekelterten Weins im eigenen Haus auszuschenken.

Das taten die Bauern dann auch mit großer Freude und diese Bauernwirtschaften erfreuen sich bis heute einer großen Beliebtheit.

Im Schwäbischen nennt man diese "Wirtschaften" Besen oder schwäbisch gesagt Besa. Man erkennt nämlich an einem Reisigbesen, der am Eingang des Etablissements befestigt ist, dass der Besen geöffnet hat. Manche Bauernwirte hängen auch noch ein rotes Lämpchen an den Reisigbesen, damit man auch im Dunkeln erkennt dass der Besen geöffnet hat. Besen sind vor allem in den Großräumen Provinzhauptstadt und Provinzstadt verbreitet.

Heutzutage wird der Betrieb von Besenwirtschaften im Gaststättengesetz , ergänzt von Verordnungen der Länder, geregelt. Die schwäbische Gaststättenverordnung erlaubt nur zwei Öffnungsperioden von insgesamt maximal vier Monaten und beschränkt die Anzahl der Sitzplätze auf maximal 40. Es dürfen nur kalte oder einfach zubereitete, warme Speisen angeboten werden. Bier darf nicht ausgeschenkt werden.

soviel dazu...

Praxis

Aus der Tradition heraus war es früher tatsächlich so, dass die Bauern ihr Wohn- manchmal auch Schlafzimmer ausräumten, Tische und Stühle (teilweise von den Nachbarn geliehen) reinstellten und in den großen Bauernküchen, dann Sauerkraut, Leber- und Blutwürste o.ä. gekocht Brot gebacken und natürlich der selbst gekelterte Wein ausgeschenkt wurde. Das hatte einen ganz besonderen Charm. Im laufe der Zeit bauten die meisten Besenwirte eigene Räumlichkeiten (wer will denn auch schon fremde Leute im Wohnzimmer sitzen haben).
Leider und das ist wirklich etwas was mir gar nicht gefällt, erinnern heutzutage die meisten Besen eher an ganz normale Gaststätten. Da ist nichts mehr mit der heimeligen Gemütlichkeit.
Seit einigen Jahren hat sich außerdem ein Trend entwickelt, dass aus den Besenwirtschaften Weinausschänke wurden. Das verländert die Öffnungszeiten und es gibt eine Vollausschankerlaubnis, vereinfacht gesagt, es darf auch Bier ausgeschenkt werden (was allerdings selten wird).

Das Essensangebot ist vielfältiger, nicht selten stehen mittlerweile diverse Braten, Schnitzel und Salate etc pp auf der Karte.
Das alles ist ja eigentlich kein Nachteil, aber irgendwie hat das alles nichts mehr mit Besen zu tun.

Mir fehlen sie... die guten alten Besenwirtschaften.

11 Kommentare:

  1. Das kenne ich auch Österreich... Besen heißt es da nicht... irgendwie anders... Heurige? Auf unserer Tour damals haben wir unzählige davon gesehen. ich fand's klasse, aber eben wegen der Heimeligkeit. Schade, wenn die verloren geht...

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    1. Diese ARt von Wirtschaften haben viele Namen. In manchen Gegenden heißen sie Straußen-, in anderen Kranzwirtschaften und es gibt noch ganz viele andere Namen.

      GsD gibt es noch ein paar Wirtschaften die an der alten Tradition und gemütlichkeit festhalten, aber es sind wenige.
      Im Grunde macht es nichts aus, wenn sie sich eine erweiterte Schankerlaubnis holen, solange die Authentizität dabei nicht verloren geht.
      Wie gesagt, da gibt es noch hin und wieder welche, aber ein großer Teil ist, wie Paula es auch schrieb, zu Nobelbesen geworden. Das macht dann keinen Spaß mehr. Mir mindestens nicht.

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  2. Wieder eine Tradition, die ausstirbt.. schade.

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    1. Ich habe immer die Hoffnung, dass die eine oder andere Tradition sich doch wieder ihren Platz zurückerobert. Hoffen wir, dass so mancher Winzer merkt, dass die Möbelschwedenausstattung nicht zur urigen Gemütlichkeit beiträgt, sondern das ganze langweilig macht.

      Ich hoffe und gehe weiterhin in die Besen, die noch urig sind. Ein paar gibt es davon ja noch;-)

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  3. Lustig, dass die Wirtschaften bei euch Besen heißen! Bei uns heißen sie Buschenschanken, weil der "Buschen" draußen hängt. (@Alice!)
    Besser gesagt steckt. So heißt es auch "ausg'steckt ist". Früher wurde das sehr streng reglementiert, wieviele Wochen im Jahr ausg'steckt sein durfte. Inzwischen sind aus vielen Heurigen Stadt- und Nobelheurigen geworden, 365 Tage im Jahr. Stell dir vor, früher war es in Wien auch ganz normal, Proviant zum Buschenschank mitzunehmen und nur die Getränke zu konsumieren. Daran erinnere ich mich noch.

    Ja, es ist schade, dass die Besen jetzt Bier ausschenken. Es muss aber mit dem Umsatz und Profit zu tun haben, nicht?

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    1. Das Prinzip der Heurigen ist das gleiche, wie, schon Alice gesagt, diese Art Wirtschaft, hat vielerlei Namen.

      Ich kenne übrigens keinen Besen der Bier ausschenkt, außer zu den Hoffesten im Sommer, aber rein theoretisch hätten sie die Lizenz.

      Die erweiterte Lizenz hat für die Besenwirte aber einen ganz anderen eklatanten Vorteil. Die Wirtsräume dürfen größer sein, das Sortiment, das sie anbieten dürfen ist größer (früher durften es nur eigene Erzeugnisse sein, also auch nur Fleisch aus eigener Schlachtung und eigene Schlachtung hat heutzutage kaum einer noch) und die Dauer der Öffnungszeiten ist eine ganz andere.

      Wenn dadurch die Tradition nur erweitert werden würde, nicht verloren ginge wäre das ja in Ordnung, aber auch hier gibt es "Nobelbesen" die quasi rund ums Jahr geöffnet haben und deren Gaststuben nur noch mit viel Phantasie an einen ursprünglichen Besen erinnern.

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  4. Ein rotes Lämpchen vor der Tür hat hier bei uns im Norden eine ganz andere Bedeutung. *urgs

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    1. Hier auch, aber wir Schwaben können diese Etablissements genau trennen;-)

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  5. Du wirst es nicht glauben, aber ich war noch nie in einem Besen. Ich schäme mich...

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    1. Pfui! Schäme dich!

      Du solltest dich besser integrieren;-)

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  6. Heute gibts bei einem Buschenschank Weintaufe!

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