Sonntag, 27. Januar 2013

Dieter...

In München lebten wir in einem Haus mit 12 Parteien.

Die meisten Leute wohnten dort lange Zeit, denn eine Wohnung in der Lage ist schwer zu finden und wenn man mal dort wohnt, will man irgendwie nur schwerlich wieder weg.

Im Erdgeschoss wohnten:

Vanessa: Eine arrogante Suttgarterin, die nur dann freundlich war, wenn man ihre Päckchen von Zalando, H&M und sonstigen Shoppingportalen entgegennahm. Ich nahm sie irgendwann nicht mehr entgegen und sagte ihr das auch. Danach schaute sie mich gar nicht mehr an;-)

Die Ilses: Die eigentlich in Baden wohnten und nur einmal im Jahr da waren sich dann aber über die 3 Kinderwägen im Haus aufregten oder gerne mal die Nachbarn verklagten. Die sind mittlerweile aber wohl ausgezogen und die Wohnung wird ständig bewohnt.

Die Mongolen: Ein sehr nettes älteres Ehepaar mit ihrem Hund. Die vermisse ich sehr.

Im ersten Stock:

Die Luxemburger: Ein nettes junges Doktorantenpärchen die ebenfalls eine kleine Tochter hatten 1 1/2 Jahre Jünger als die Süße.

Ich bzw jetzt ein Schwesternpaar die schlappe 30 % mehr Miete bezahlen als ich es tat. In München geht das.

Die Behinderte: Eine sehr nette stark schielende etwas verwachsene Dame die vom Leben nicht verwöhnt war. Sie hatte glücklicherweise die Wohnung von ihren Eltern geerbt und war immer sehr freundlich zur Süßen.

2. Stock:

Hilde mit Mann: Mit denen sind wir gut befreundet. Die Süße ist mit ca 2 Jahren jeden Abend alleine zu ihr hoch um mit ihr eine halbe Stunde zu spielen.

Gertraud: Eine nette kinderlose Rentnerin, die sehr rührig war und alle möglichen freiwilligen Dienste verrichtet.

Bärbel: Eine Professorin, die aber letzten Monat ausgezogen ist. Keine Ahnung wer jetzt dort lebt

3. Stock:

Dieter: Ein Einzelgänger. Ihm gehörte die Wohnung ebenfalls. Er lebte von der Miete einer weiteren Wohnung im Block, die ihm gehörte ein bescheidenes Leben, legte sich gerne mal mit den Nachbarn an und wurde einmal von einem "Gegenüber-Nachbarn" wegen Anbau von Cannabis angezeigt. Ansonsten ärgerten sich Hilde und Mann über den Radau, den er häufig des Nachts machte. Aber er war harmlos und eigentlich, wenn er nicht motzte auch ganz nett....

Die Friseurin: Ein junges Mädchen, die im familieneigenen Friseursalon um die Ecke arbeitete.

Die Studenten: Die waren erst vor 1 1/2 Jahren eingezogen, nachdem unser Multikulti-Pärchen mit dem 3ten Kind im Haus ausgezogen waren. Kenne ich nicht.

4 Stock:
Der Rechtsanwalt mit Frau: Ruhige Leute, von denen man wenig mitbekommen hat, die aber immer sehr freundlich waren.

Simon: Ewiger Student, der immer wieder neue Mitbewohner hatte. Manchmal feierten sie wilde Parties.

Die Studenten: Diese Wohnung hatte viel Wechsel. Vermutlich war die Miete unverhältnismäßig.

Im Großen und Ganzen kannte man sich, grüßte sich und mit dem einen oder anderen sprach man auch mal ein paar Worte mehr. Eine mehrheitlich sehr nette Hausgemeinschaft.

Ich fühlte mich in diesem Haus sehr wohl und hatte nie das Gefühl, dass man anonym lebte, dass sich die Nachbarschaft kümmerte und doch...

Jetzt ist es passiert:

Dieter ist gestorben und lag ca 2 Wochen tot in seiner Wohnung.

Hilde informierte mich. Man roch nichts (vor 2 Jahren wurden neue Türen eingebaut, die gut schließen).
Irgendjemand hatte dann wohl irgendwann die Hausverwaltung informiert und die die Polizei.

Man hört es immer wieder, in den Nachrichten, liest es in der Zeitung, aber irgendwie ist mir mulmig, wenn ich das höre. Das Haus in dem ich viele Jahre meines Lebens verbrachte in dem ich mich sicher fühlte, weil immer ein Nachbar da war, mit dem man reden konnte.

Man will jetzt besser aufeinander aufpassen.


9 Kommentare:

  1. Tja... ob es dir wohl aufgefallen wäre, dass du Dieter 2 Wochen nicht gesehen hast? Man weiß es nicht, man will ja auch keinen nerven oder Alarm schlagen weil wer in Urlaubist und man das nicht wusste. 2 Wochen klingen zwar viel, aber in einer Großstadt in einem Mehrparteienhaus finde ich es schon bemerkenswert, dass nicht der Vermieter aufgrund der ausbleibenden Mietzahlung derjenige war, der Dieters Ableben festgestellt hat.

    Klingt aber wirklich nach einer schönen Hausgemeinschaft. Wir haben bei uns zehn Parteien, aber außer den beiden alleinstehenden Herren, die die Garagenbox neben meiner haben (es sind vier Boxen, eine ich, eine Marc, zwei die Herren), wüsste ich gar nicht wer in unserem Haus so wohnt. Auch krass... ja, man sollte mehr auf die anderen achten. Aber wie schnell ich wo klingeln würde um festzustellen, dass es er Person gut geht, das weiß ich auch nicht.

    Tiefgründiges am Sonntag Morgen...

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  2. Wie ich schrieb gehörte Dieter die Wohnung, also kein Vermieter, der sich beschweren könnte, außerdem überweist man Miete eher per Dauerauftrag und der platzt erst, wenn das Konto leer geräumt ist.
    Dieter vereiste eigentlich nie, vermutlich mangels Budget, trotzdem vermutlich hätte ich es auch nicht gemerkt. 2 Wochen ist ja keine Zeit. Man läuft sich ja dann doch nicht täglich über den Weg. Trotzdem gruselig...

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    1. Ah sorry, stimmt, mit dem Eigentum hab ich zwar gelesen, aber verpeilt. Umso bemerkenswerter, dass es nur zwei Wochen waren..

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  3. In meinem Haus ist genau das Gleiche vor ca. 3 Jahren passiert. Man roch es leider ganz deutlich und danach war die Wohnung polizeilich versiegelt, bis die Todesumstände geklärt waren. Der Geruch war unbeschreiblich und das abstoßendste was ich je gerochen habe...
    Es ist auch ein sehr anonymes Haus, weswegen ich mich zeitweise auch nicht sooo wohl fühle, aber ich selbst bin ja manchmal auch wochen- oder monatelang nicht da gewesen.
    Es ist schwierig, ein richtiges Maß an Kontakt zu finden, manche Leute grüßen nicht mal, wenn man Ihnen im Flur begegnet...

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    1. Ja, das ist schwierig. Es kann auch schnell aufdringlich wirken, wenn man sich zu sehr um andere bemüht.

      Wobei ich ja finde, dass man durchaus grüßen kann, auch wenn man sonst kein Kontakt mag.
      Sowas nennt sich gute Kinderstube...

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  4. Das hätte in meinem alten Mietshaus nicht passieren können, die Wohnungstüren waren etwas bessere Zimmertüren (Altbau), das hätte man sofort gerochen. Wir waren auch "nur" 13 Parteien, anhand der Frequenz, die ich die anderen gesehen habe, wäre mir sowas aber nie im Leben aufgefallen. Ich denke, wenn man nicht wirklich näheren Kontakt hat, dann tut es das auch nicht. Denn ganz ehrlich - wie oft läuft man sich denn über den Weg, so als Nachbar? Wenn alle berufstätig sind?
    Schwierig. Aber trotzdem traurig. Vor allem, weil Dieter anscheinend ja auch keine Freunde oder Angehörigen hatte, denen das aufgefallen wäre...

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    1. Ich denke in der Wohnung war es auch recht kalt, da Dieter mit Holz heizte. Von daher wird die Geruchsentwicklung sich in Grenzen gehalten haben. Allerdings wäre es mit den alten Türen sicherlich mind. geruchsmäßig aufgefallen, irgendwann...

      Ja, man sieht sich teilweise wirklich selten.

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  5. Das ist auch etwas, was bei unserem 3-Parteien-Haus nie passieren würde. Aber es liegt an der Konstellation.
    Sowas finde ich wirklich schlimm. Und man fühlt sich bestimmt danach auch nicht mehr wohl...

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    1. Na ja, seltsam ist es schon ein wenig, finde ich.

      Wenn ich mir überlege, man lebt ein paar Tage mit einer Leiche im Haus...

      Irgendwie gruselig...

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