Ladies und Gentlemen ich habe mich entschieden meine Vergangenheit mal aufzuarbeiten.
Vor fast 14 Jahren arbeitete ich im wohl tollsten Unternehmen der Welt. Jeder Tag war ein einziges Fest. Ich lebte seit einem Jahr in einer tollen Stadt, hatte super Kollegen, verdiente gut und hatte einen Job der mir unheimlich Spaß machte. Ich reiste viel in Deutschland, Öserreich und der Schweiz umher.
In dieser Zeit war in unserem Unternehmen eine Unternehmensberatung tätig.
Eines Abends, ich war die letzte in meinem Büro und auch sonst waren kaum mehr Kollegen anwesend, ging ich ins Büro der Unternehmensberater, weil ich kein Feuer hatte.
Einer der Unternehmensberater kam mit mir raus, eine rauchen und wir unterhielten uns.
Die folgenden Wochen sprach er mich immer öfters an bis er eines Tages mit dem Satz rausrückte: "Sollten wir zwei nicht mal essen gehen?"
Mir hallt der Satz heute noch in den Ohren als ob er eben erst ausgesprochen wurde.
Ich antwortete verhalten: "Mal sehen..."
Der Mann fackelte nicht lange und fragte einen Tag später ob ich Dienstag Abend Zeit hätte.
Ich hatte tatsächlich nichts vor und kaum 10 Minuten später kam er zu mir und erklärte er hätte im Bayrischen Hof einen Tisch für 20 Uhr bestellt.
Ich sagte: "Gut, dann treffen wir uns 20 Uhr dort."
Er: "Das ist ja unromantisch, ich würde lieber vorher noch einen Aperitiv trinken."
Ich war etwas überrollt und meinte: "Ich hatte jetzt nicht vor einen romatischen Abend zu verbringen, aber wir können gerne noch vorher im Tabacco etwas trinken."
So passierte es auch. er erzählte mir an dem Abend ein paar Dinge die mich zu der Erkenntnis kommen lies, dass ich es mit einem einsamen Wolf zu tun hatte.
Als wir im Bayrischen Hof saßen und gerade gegessen hatten, klingelte sein Telefon. Er entschuldigte sich und verschwand für - ich weiß nicht mehr wie lange genau, aber es war mindestens eine viertel Stunde wenn nicht länger.
Ich war angenervt.
Als er wieder kam, entschuldigte er sich und erklärte, dass es Ärger mit einem Kollegen gab, der mir nichts dir nichts aus dem Projekt ausgestiegen war und sie nun eine Lösung finden mussten.
In der Folgezeit gingen wir öfters aus. Er tat mir ein wenig leid, weil er ein sehr einsamer Mensch war.
Irgendwann, ich weiß nicht mehr was der Auslöser war küssten wir uns. Ich dachte, na ja, muss ja nichts großes werden, aber irgendwie schaffte er es immer wieder mich dazu zu bewegen mich mit ihm zu verabreden.
Eines Tages fuhr ich sogar am Wochenende an den Bodensee, wo er damals lebte.
Er hatte eine Wohnung die sehr spartanisch eingerichtet war.
Eine Matratze auf dem Boden, einen Gartentisch und Plastikstühle im Wohnzimmer.
Mittlerweile wusste ich, dass er fast ein Jahr zuvor bei seiner langjährigen Freundin ausgezogen war, die in Hessen lebte und die Dame aufgrund einer psychischen Krankheit weiterhin in seiner Wohnung lebte.
Ich fand es eine großartige Sache, dass er sie nicht einfach aus der Wohnung hinausgeworfen hat, aber dazu später mehr.
Irgendwann waren wir dann zusammen. Es ging schleichend und in der Firma hielten wir das geheim.
Sein Projekt endete in diesem Unternehmen, er war viel in der Schweiz und am Wochenende bei mir in München oder ich fuhr zu ihm.
Zwei Jahre später gab er sein Domizil am Bodensee auf und zog zu mir.
Es war keine einfache Beziehung. Er war immer ein einsamer Wolf, aber nicht weil sein Job es ihm nicht erlaubte, sondern weil er es einfach nicht anders wollte.
Ich hatte viele Schwierigkeiten damit, dass er manchmal Menschen einfach brüskierte und mir damit auch Freunde vertrieb.
Aber irgendwie schaffte ich es nicht mich von ihm zu trennen.
Als ich 35 war, erklärte ich ihm, dass ich Kinder will und es nun an der Zeit wäre, damit anzufangen, weil es sonst zu spät ist ob er dazu bereit sei.
Irgendwie hoffte ich damals, dass er durch die Wohnungstür ginge und nicht wieder kam.
Er stellte mir die Frage: "Hast du dir das gut überlegt?"
Das machte mich sauer, denn ich empfand es als Unverschämtheit mir eine solche Frage zu stellen, mich für so oberflächlich zu halten.
Entsprechend reagierte ich. Nach kurzem Überlegen sagte er, dass er den Weg mit geht.
Ich war einerseits erleichtert, andererseits hatte ich Angst, dass er doch nicht der Richtige sein könnte, aber ich hatte in der Vergangenheit mehrfach gemerkt, dass ich mich aus welchen Gründen auch immer von ihm trennen kann (die Gründe sind mir erst heute bewußt), auf der anderen Seite hatte ich Angst, keine Kinder mehr bekommen zu können, weil ich dann keinen Mann dazu hätte.
Ein großes und schwieriges Thema in der Beziehung war mittlerweile seine Ex, die mittlerweile seit 5 Jahren mietfrei in der 4 Zimmerwohnung in Hessen lebte. Ich war damit nicht einverstanden. Ein Jahr, ok, für eine reduzierte Miete auch ok, aber nicht mietfrei. Zumal sie sich in keinster Weise hierfür erkenntlich zeigte.
Er hatte sie einmal gebeten ihn bei der Eigentümerversammlung zu vertreten.
Sie versprach es um dann zwei Tage vorher abzusagen, weil sie einen Zahnartztermin hätte.
Ich war unglaublich sauer und erklärte ihm, dass ich es nicht länger einsehe diese Frau mitzufinanzieren.
Er blockte das Thema immer ab, bis ich ihm eines Tages einen positiven Schwangerschaftstest unter die Nase hielt.
Als ich am nächsten Tag aus der Firma kam, erzählte er mir, dass er mit seiner Ex gesprochen hätte, dass sie nun ausziehen müsse, weil er Vater würde und nun die Karten neu gemischt worden wären.
Mit meiner Reaktion hatte er nicht gerechnet.
Ich war unendlich sauer, weil der Grund, dass sie ausziehen sollte nicht in meiner Schwangerschaft begründet lag sondern in ihrem Verhalten und diese Frau, die ich bis heute niemals gesehen habe, meine Schwangerschaft nichts anging.
Es wurde noch schlimmer, weil ich in der 14 Woche eine Fehlgeburt erlitt.
Ich hielt jedoch daran fest, dass die Frau bis Ende März (das waren noch 4 Monate) auszuziehen hätte oder alternativ eine ortsübliche Miete zu leisten hätte.
Ende Februar, fragte ich, wann wir einen Makler einschalten würden oder wie wir es mit der Vermietung der Wohnung machen sollten.
Er blockte ab, ich sagte, in 4 Wochen steht die Wohnung leer, wir müssen uns darum kümmern.
Ich erfuhr, dass die Dame mit nichten Ende März sondern erst im Juni ausziehen wolle. Ich verlangte daraufhin, dass sie dann wenigstens Miete bezahlen solle.
Ich bekam heraus, dass sie auch das nicht tat und warf ihn aus meiner Wohnung. Er bat mich darum eine Paarberatung aufzususchen und da mein Kinderwunsch mittlerweile so groß war lies ich mich darauf ein, zumal die Frau dann schlussendlich aus der Wohnung ausgezogen war.
Ich hatte mir die Wohnung angeschaut, es war ein Trauerspiel. Die Wohnung war in einem nicht vermietbaren Zustand, aber das tut jetzt nichts zur Sache.
Die Beratung funktionierte und wir kamen uns wieder näher, ich wurde erneut schwanger und wir freuten uns, wir suchten weiterhin die Paarberatung auf und arbeiteten vieles auf.
Ich lernte ihn besser zu verstehen er lernte mich besser zu verstehen.
Dann kam der 4 Januar 2007. Ich war mittlerweile in der 21 Schwangerschaftswoche. Der Arzt stellte eine multizystische Niere beim Kind fest.
Sofort wurde mein Termin für die Feinsonographie vorverlegt.
Der Spezialist stellte zur multizystischen Niere auch eine Gaumenspalte fest.
Er erklärte uns, dass die Kombination, der Befunde auf eine große Schädigung des Kindes schließen würde und man empfahl mir eine Nabelschnurpunktion.
Es war die schlimmste Zeit meines Lebens und als die Diagnose kam, brach die Welt für mich zusammen.
Wir hatten in unserem Unglück, das Glück, dass unsere Paartherapeutin auch einen Schwerpunkt unerfüllter Kinderwunsch hatte und wir berieten uns oft und viel mit ihr.
Wir erzählten ihr die Diagnose: partielle Trisomie 16.
In einem gefühlt unendlichen Gespräch mit der Therapeutin kamen wir zum Ergebnis die Schwangerschaft zu beenden.
Wir hatten vom Arzt nur 3 Tage Zeit bekommen, weil dann die 24 Schwangerschaftswoche begonnen hätte und danach kann die Lunge schon so ausgebildet sein, dass die Kinder nach Luft schnappen könnten und die Ärzte somit verpflichtet wären das Kind zu beatmen.
Ich ging ins Krankenhaus und die Geburt wurde eingeleitet.
Nach fast 24 Stunden, kam das Mädchen zur tot zur Welt.
Ich war mit meinen Nerven am Ende, meine Gedanken kreisten nur noch darum, dass ich endlich ein Kind wollte. Mittlerweile war ich 37 und man sagte mir, dass ich ein eklatant hohes Risiko hätte ein behindertes Kind zu bekommen. Ein wesentlich höheres als andere Frauen meines alters und ich mich mit dem Kinder kriegen beeilen müsse.
Das Thema mit der Wohnung war übrigens immer noch nicht vom Tisch, weil die Ex immer noch einen Schlüssel hatte, aber das war ein anderes Thema. gestört hat mich an der Stelle, dass der Mann an meiner Seite den Tod seines Kindes vorschob um nichts tun zu müssen.
Wir gingen im Juni in Urlaub, nach dem Urlaub hatten wir einen Termin in einer Kinderwunschklinik.
Ich war mittlerweile schrecklich verzweifelt.
Man untersuchte mich, nahm mir Blut ab und dann - es war ein Freitag - gingen wir wieder. Wir machten einen Spaziergang durch den kompletten englischen Garten.
Als wir nach Hause kamen, hatte ich einen Anruf der Kinderwunschklinik auf dem Anrufbeantworter:
"Lady Crooks, ich wollte Ihnen mitteilen, dass sie schwanger sind."
Ich war außer Rand und Band vor Freude.
Die nächsten Wochen waren geprägt von Angst, dass das Kind wieder einen genetischen Defekt haben könnte.
Ich war fest entschlossen nicht nochmals ein Kind tot zu bekommen und ließ eine Chroionzottenbiopsie machen.
Die 14 Tage bis der endgültige Befund kam waren unerträglich, aber danach war die Freude riesig.
Ein gesundes Mädchen.
Fortsetzung folgt....
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Freitag, 27. Dezember 2013
22 Kommentare:
Mein Blog, meine Regeln.
Die Kommentare dürfen gerne kritisch sein, an der Sache an der Person, sie müssen NICHT meine Meinung widerspiegeln, aber:
Hier wird nicht rumgepöbelt. Wem das nicht passt, oben rechts ist ein Kreuz, dort bitte klicken, das beendet das Leiden.
Ich behalte mir vor Kommentare, nicht zu veröffentlichen, wenn ich sie als beleidigend oder politisch unkorrekt o,ä. empfinde.
Außerdem sollte jeder Manns/Frau genug sein, auch wenn er/sie anonym kommentiert, dass er wenigstens mit einem Pseudonym "unterschreibt", das ist ein Akt der Höflichkeit.
Ansonsten freue ich mich natürlich über jeden Kommentar. Das ist ja auch gut fürs Ego;-)
Meine liebe Lady, es ist gut mit alten Schatten aufzuräumen.
AntwortenLöschenDas hilft.
Da wir die Süße "kennen" ist zumindest ein Teil deiner Geschichte bekannt. ES hat geklappt. Ich freue mich für dich. Das ist ein kleines Wunder. Und mit deinen Posts beweist du das es dir sehr bewusst ist.
Darf ich trotzdem nachfragen, mit kaum einer Silbe erwähnst du deine Gefühle zu dem Wolf...
LG gedankenhüpfer
Die Gefühle zu ihm werde ich wohl in einem späteren Teil analysieren. Das ist nicht so einfach, es war immer eine schwierige Beziehung.
Löschenwie auch immer. einen see(wolf) sollte man nicht unterschätzen.
AntwortenLöschenIch habe ihn niemals unterschätzt, aber offensichtlich falsch eingeschätzt
LöschenEs kann helfen seine Gedanken aufzuschreiben und mit der Vergangenheit abzuschliessen. Dazu gehört auch eine Menge Mut.
AntwortenLöschenIch habe es mir lange überlegt, aber ich denke ich brauche es ist gut es zu tun...
LöschenWow. Harter Tobak.
AntwortenLöschenDanke, dass du uns an deiner Psychohygiene (denn das ist es ja auch) teilhaben lässt. Ich wünsche dir, dass du dann damit abschließen kannst.
Es wird noch “besser“...
LöschenRespekt für Deine Offenheit! Ein vermutlich richtiger, wichtiger und vor allem bestimmt schwieriger Schritt.
AntwortenLöschenIch kann so besser analysieren...
LöschenDer Schluß wird/ist gut!
AntwortenLöschensagt man... ja...
LöschenVielen Dank für deine offenen Worte. Da hast du ganz schön etwas durchgemacht.
AntwortenLöschenWelches Leben läuft schon geradlinig und wenn es das tut ist es doch meist, weil man nichts riskiert...
LöschenWow, ich bin wirklich davon beeindruckt, dass du darüber schreibst. Bin gespannt wie es weiter geht...
AntwortenLöschenIch habe es mir ganz lange überlegt, aber ich muss etwas tun...
LöschenLiebe Lady Crooks,
AntwortenLöschenich bewundere deine schonungslose Offenheit und bin neugierig wie es weitergeht, ich hoffe gut?!
Schönes We.
LG Sadie
Lügen hilft mir nicht...
Löschen;-)
"Wie ich zu dem wurde, was ich bin" - wie wichtig, das zu (er)kennen und wie mutig, dem ins Auge zu sehen und es so in Worte zu fassen...
AntwortenLöschenAber ohne Vergangenheitsbewältigung keine Zukunft. Zumindest keine, die erstrebens- u. lebenswert erscheint. Glaube ich... ;)
Scheint so...
LöschenVor allem sollte man aus seinen Fehlern lernen..
Was für eine Tragödie! Das tut mir sehr leid !
AntwortenLöschenUm ehrlich zu sein, die schlimmste meines bisherigen Lebens und ich hoffe inständig, dass es die schlimmste bleibt.
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