Seiten

Dienstag, 22. Oktober 2013

So feier(te)n Schwaben...

Als ich noch etwas jünger war. Also so ein bisschen halt, ganz marginal jünger, so in den 70er / 80er Jahren.

Da waren wir jedes Jahr bei Freunden meiner Eltern zur Weinlese eingeladen.
Jawoll, eingeladen! Im Schwabenland schickt es sich nicht nichts zu tun. Unter dem Deckmäntelchen zu Arbeiten wurden hier die Feste gefeiert.
Die Weinlese war ein richtiger Spaß!
Man kam morgens um 08.00 h an, bekam eine Schere und einen Eimer in die Hand und los ging es. Die Reihen entlang. Meist zu zweit an einer Reihe. Einer auf der einen, der andere auf der anderen Seite. Man erzählte sich den Dorfklatsch und na ja, wir Kinder naschten auch viel und waren vermutlich nicht die Produktivsten. Aber das war auch egal.
Es handelte sich hier ja auch nur um einen Hobby-Wengerter, der eben nicht professionell ausbaute sondern seine Ernte bei der Genossenschaft ablieferte und dafür immer ein paar Flaschen Wein bekam.
Nach der ersten halben Stunde gab es dann die erste Brotzeit oder auch Vesper wie man hier im Ländle sagt: Dosenwurst, Saiten (für Nichtschwaben: Wienerl), Brot, Käse, Gurken, Paprika etc.

Dann ging es weiter im Takt. Na ja, wir Kinder wie gesagt waren da etwas verspielter und brauchten etwas länger pro Reihe.

Spätestens um 10.30 Uhr war dann Zeit für eine weitere Stärkung! Wieder etwas deftiger und für die Erwachsenen einen Schnaps. Wir Kinder mussten uns mit Saftschorle begnügen;-)

Die Büttenträger wurden immer besonders gut versorgt, die hatten ja auch den schwersten Job und ich habe es nicht selten erlebt, dass ein Träger beim Ausschütten der Tragebütte mal in die Trasportbütte fiel, meist war das dann schon etwas später am Tag und nach etwas reichhaltigerem Konsum geisthaltiger Getränke wie Wein und Schnaps.;-)

Das Mittagessen war meist Gegrilltes, manchmal auch ein deftiger Eintopf oder Dinge die sich auf einer ordentlichen Schlachtplatte wiederfinden würden. Dann gab es meist nochmals einen Snack (meist Butterbrezeln o.ä.) bevor es zur Genossenschaft ging.

Wenn die Transportbütten gut gefüllt waren, durften wir Kinder auf den Rand sitzen und mit zur Genossenschaft fahren. Immer ein riesen Spaß, wenn man dann in einer Kurve oder beim anfahren in die Bütte fiel.

Man wartete in einer Schlange bis man bei der Genossenschaft dran war, bestaunte die riesen Traubenpressen und dann ging es zurück zum Wengert (oder Weinberg, wie Nicht-Eingeweihte sagen).
Mittlerweile waren die fleißigen Traubenleser dann auch schon beim Kaffe und Kuchen angelangt. Na ja, eigentlich war es meist eher Wein(schorle) und Zwiebelkuchen.

Dann wurde ein Lagerfeuer angezündet und der Tag klang gaaanz langsam aus.

Ja, das war immer ein großer Spaß!

Und heute?
Da fahren sie mit ihren Vollerntern durch den Weinberg und fertig ist...
Schade eigentlich!

16 Kommentare:

  1. Ganz bei Dir in der Nähe wohnt ein guter Freund von uns, da gibt es nichts mit Vollerntern, da wird alles mit Hand geerntet und es ist kein Hobby ;).

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dann haben diese Winzer das "Pech" einen Weinberg zu haben, den sie nicht rechtzeitig Flurbereinigt haben. Es gibt hier noch viele Wengert, die terrasiert sind, Dort ist natürlich nichts mit Vollerntern, dort wird noch nach guter alter Manier mit Hand gelesen. Ja, das gibt es, aber leider auch ganz viele die Flurbereinigt wurden und diese Weinberge sind nicht mehr ganz so hübsch anzuschauen, wie die terrasiert wurden.

      Löschen
    2. Kein "Pech" er legt großen Wert darauf, dass seine Wengert so sind wie sie sind. Er vor ein paar Jahren noch einige dazugekauft, die eben genau diese Vorraussetzungen erfüllten und ist super glücklich damit, auch wenn es viel mehr und schwerere Arbeit bedeutet.

      Löschen
    3. Deshalb hatte ich "Pech" auch in Anführungszeichen gesetzt.
      Schöner sind die terrasierten allemal. Und ja, wenn man einen richtigen Steilhang hat, kann die Lese ja ganz schön anstrengend sein.
      Aber schön, wenn er das genau so will... Es gibt ja hier noch einige Ecken in denen es diese schönen alten Weinberge noch gibt.

      Löschen
  2. Erinnerungen, hach ja ...

    Einige heimische, kleinere Weingüter bei uns lesen noch mit der Hand (und es ist ein Event), aber du hast Recht, das gros geht mit dem Vollernter.

    Was hab ich drauf gewartet das ich alt genug war eine Schere in die Hand zu bekommen, vorher durfte ich nur die Blätter abreissen damit die Trauben gut sichtbar waren, wie langweilig.
    Und was war ich stolz das erste Mal "richtig" mit zu gehen. Leider hats da auch schon an der Körpergröße gemangelt und der Büttenträger bekam öfters was ins Genick :-)

    Bei uns waren alle Kinder/Jugendliche in der Weinlese und verdienten sich so etwas Taschengeld, das ist heute auch nicht mehr so.

    Und bei uns heißt es "Wingert", gar nicht so unähnlich…
    Gab es bei euch auch eine "Herbstmuck"?

    Ich geh nu weiterarbeiten und schwelge in Erinnerungen

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, Blätterabreißen und Taschengeld verdienen. Das war der offizielle Grund für die Maßnahme, der inoffizielle war die "Party".

      Ja, ja... Das waren noch Zeiten *schwelg*

      Löschen
  3. An der Ahr wird meines Wissens auch noch von Hand geerntet, ich war da nie dabei, soll aber schön sein.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Wird es, wir sind am WE durchgefahren und überall standen die fleissigen Erntehelfer im Berg.

      Löschen
  4. Jetzt stell ich mir grad vor wie da einer kopfüber in die Trauben fällt und habe meinen Lacher des Tages :D Sehr cool!

    Mein Bruder hat mal nen Ferienjob als Weinleser/ernter oder wie auch immer gehabt. War cool, aber kackenanstrengend, zwei Wochen lang. So lange ist das aber noch nicht her, hier hat man es dann wohl nicht so mit der Industrialisierung.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, das war in der Tat immer sehr lustig und wurde mit viel gelächter quitiert, wenn mal wieder einer in die Bütt fiel;-)

      Ich habe auch schon bei professionellen Winzern gelesen, das ist wesentlich weniger spaßig;-)

      Löschen
  5. In der Nähe von Jena befindet sich ein riesiges Gut, Saale-Unstrut. Da habe ich auch schon Leute durchlaufen und lesen gesehen. Könnte mir auch gar nicht vorstellen, wie an solchen Hängen ein Fahrzeug entlangfahren soll. ^^

    Aber schön, wenn du solche Erfahrungen in der Kindheit gemacht hast. Könnte ich mir auch gut vorstellen. :)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich war dort kürzlich.

      Bei Euch wurden die Hänge auch nicht flurbereinigt und jetzt ist es mittlwerweile nicht mehr erlaubt, aus Landschaftsschutzgründen.
      Es gibt auch hier noch viele Hänge die nicht maschinell lesbar sind, aber es gibt durchaus ganz viele die mit Vollerntern gelesen werden und ausschauen tun diese "neuen" Weinberge auch nicht mehr so schön:-(
      Na ja, es hat Vorteile die maschinelle Lese, aber es ist auch eben nicht mehr so schön und hat keinen Funken Romantik mehr;-)

      Löschen
  6. Das haben wir auch mit großem Vergnügen gemacht, wenn es rote waren, war die Mama immer ein wenig unglücklich;-)

    AntwortenLöschen
  7. Soifz... früher war halt doch alles besser.

    Aber Freunde von uns machen das auch in der Pfalz und da gibt es immer ein Fest. Mag aber vielleicht auch daran liegen, dass der Winzer der Bruder der Dame ist. ;)

    LG

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Vollernter werden nur eingesetzt,weil die betrunkenen Weinleser regelmäßig die Presse verstopften und die größeren Stücke einfach nicht anständig in die Flaschen abzufüllen waren.

      Löschen
  8. Aber nicht doch, hier wird die letzten Tage auch noch VON HAND geerntet - wenn ich aber so sehe, was die Schwiegertochter der Vermieterin morgens so an Rose-Wein in ihr Auto hinten rein lädt (für die Lese-Helfer!), bin ich mir nicht mehr so sicher, ob die Ernte da überhaupt noch mengenmäßig mithalten kann...^^

    Würde da gern mal mitmachen, aber die Vermieter nehmen einfach mein Angebot zu helfen seit Jahren nicht an!

    Hmm.
    Ob die Angst um ihren Weinberg haben? ;-)

    AntwortenLöschen

Mein Blog, meine Regeln.

Die Kommentare dürfen gerne kritisch sein, an der Sache an der Person, sie müssen NICHT meine Meinung widerspiegeln, aber:

Hier wird nicht rumgepöbelt. Wem das nicht passt, oben rechts ist ein Kreuz, dort bitte klicken, das beendet das Leiden.

Ich behalte mir vor Kommentare, nicht zu veröffentlichen, wenn ich sie als beleidigend oder politisch unkorrekt o,ä. empfinde.

Außerdem sollte jeder Manns/Frau genug sein, auch wenn er/sie anonym kommentiert, dass er wenigstens mit einem Pseudonym "unterschreibt", das ist ein Akt der Höflichkeit.

Ansonsten freue ich mich natürlich über jeden Kommentar. Das ist ja auch gut fürs Ego;-)