Dienstag, 26. April 2016

26.April 1992

Es gibt so Sachen die vergisst man nie.
Ich weiß noch genau, was ich heute vor 24 Jahren gemacht habe.
Also am 26.April 1992
Ja, also vor mittlerweile fast einem viertel Jahrundert!


Ich war im Stubaital zum Ski fahren.
Wir waren auf dem Gletscher, weil am Schlick zu wenig Schnee lag.

Es war ein Sonntag und wir hatten herrlichstes Wetter.


Nicht so ein
Dreckswetter wie heute.

Ich war mit ein paar Freunden die mehr oder weniger gut Ski fuhren.
Wir waren schon früh auf der Piste.
Es war um die Mittagszeit.
Ich hatte Hunger wie ein Wolf.
Also sagte ich zu den Jungs:
„Wer zuletzt an der Hütte ist, zahlt das Essen.“
Die Herren waren einverstanden und los ging es.
Mein Discman (ja, das war damals „State of the Art“) spielte dies hier.
Entsprechend war mein Schwung.
Der Schnee war (noch) leicht pulvrig, die Sonne schien. Die Bedingungen und die Laune waren also bestens.
Ich drehte meinen Kopf über die Schulte um den beiden Herren die ich gerade überholt hatte einen kecken Spruch zuzurufen….
Aber Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall.

Ich geriet auf eine Schneewehe unter der blankes Eis war.
Es kam wie es kommen musste:
Mein Ski rutschte weg,
ich stürzte,
die Bindung tat was sie sollte und löste aus
der Ski flog aber nicht von mir weg, sonder mit voller Wucht, mit der scharfen Kante in mein Gesicht, genau auf meine Nase.
Die Nase knackte,
die Sonnenbrille flog in hohem Bogen weg
Ich lag im Schnee und dachte:
„Shit! Wenn ich jetzt bluten, ist die Nase ab.“
Ich lag im Schnee, öffnete die Augen und sah rot…
Der ganze Schnee um mich herum war mit Blut getränkt.
Ich schaute auf.
Meine Herren hatten mich eingeholt und sich um mich versammelt.
Einer hatte bereits meine Ski eingeammelt.
Als ich meine Hände vom Gesicht nahm, fiel einer meiner Freunde fast in Ohnmacht.
Mir wurde schlagartig klar:
"Du hast schon mal besser ausgesehen."


Ich weiß nicht wie lange ich da lag, bestimmt nicht lange, aber gefühlt waren es Stunden bis die Bergrettung kam.
Immer wieder hielten Leute an und gafften.

(Seither weiß ich wie unangenehm es ist,
wenn man verletzt ist und begafft wird.)

Dann kam die Pistenkatze mit dem Arzt oder Sanitäter oder was auch immer das war.
Ich wurde in die Raupe verladen und erstversorgt.
(Schneeraupe zu fahren macht ja eigentlich
riesen Spaß, nicht aber mit
einer blutenden Nase).

Die Schmerzen hielten sich in Grenzen. Das war wohl der Schock oder die Schmerzmittel oder beides in Summe...

Ich wurde nach Insbruck ins Krankenhaus gebracht.


Vor dem Röntgenraum, war eine ewige Warteschlange.
Klar!
Sonntag!
Schönstes Wetter und wahrscheinlich einer der letzten Skitage der Saison.


Neben mir lag ein junger Mann.
Er schaute mich an und fragte:
„Wurdest du geschlachtet? Du siehst ja furchtbar aus!"
"Na super," dachte ich, "ich habe auch schon mal nettere Komplimente bekommen."

Ich hatte mich immer noch nicht gesehen, da ich keinen Spiegel zur Hand hatte.
Der junge Mann erzählte mir, er sei mit dem Gleitschirm abgestürzt, es täte ihm aber nichts weh.
Wir plauderten noch ein bissche, er war echt nett.

Irgendwann kam ich dann aber dran und wurde geröntgt.


Es war keine Überraschung: Die Nase war ab.
Sie musste sofort operiert werden.


Auf dem Weg zum OP musste ich dringend auf Toilette.
Der Krankenpfleger meinte: „Moment, ich hänge erst den Spiegel ab, so kannst du dich nicht anschauen.“
Na super, sowas macht echt Mut.
Meine Neugier siegte über die Angst und ich spickelte in den Spiegel nur um es in der selben Sekunde zu bereuen.
Ich sah furchtbar aus.
Die Nasenspitze hing irgendwo auf der rechten Wange
Die Augen waren zu Schlitzen zugeschwollen und die Lippe aufgeplatzt.
Kein schöner Anblick!
Glück des Geschicks hatte an diesem Tag eine plastische Chirurgin Dienst und die machte einen echt guten Job.
Man sieht es heute fast nicht mehr.
Nur wenn man es weiß und genau hin schaut sieht man die kleine Narbe.

Vor dem OP-Saal gab es natürlich auch wieder Stau und ich traf meinen Bettnachbarn vom Röntgenraum wieder.
Er war völlig aufgelöst. Er hatte seine Wirbelsäule gebrochen und man konnten icht sagen, ob er jemals wieder laufen kann.
Ich habe es nie erfahren, was aus ihm wurde. Ich habe ihn nicht wieder gesehen, aber ich denke oft an ihn.
Meine Nase wurde operiert und verließ das Krankenhaus noch am selben Tag, weil ich nicht alleine in Österreich bleiben wollte.
Ich musste allerdings versprechen eine oder zwei Wochen später nochmals zu kommen um die Fäden zu ziehen und die Heilung zu begutachten, was aber kein Problem war, weil wir eh nochmals fahren wollten.
Außerdem waren die Herren so begeistert von der Chirurgin, dass sie mich gerne brachten ;-)


Leider hatte die besagte Dame an dem Tag, an dem ich begutachtet wurde frei, was ein wenig Frust bei einem der Herren verursachte... ;-)

Tja und dieses Wochenende werde ich meine damaligen Reisebegleiter wieder treffen.


Ich freue mich schon drauf.



4 Kommentare:

  1. Dann sei diesmal etwas vorsichtiger... ;-)
    Du hast wirklich großes Glück gehabt!

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  2. Oh Gott... jetzt ist mir schlecht... DIE NASE WAR AB!! HALLO????!!! Ürgs... ich hab Kopfkino, verdammt.
    Zum Glück war da die passende Ärztin und es ist nichts zurück geblieben.
    Ich geh jetzt brechen...
    LG Dani
    ;)

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  3. Lippenabwisch... jetzt würd mich aber auch interessieren was aus dem jungen Mann wurde Menno... kann man da nicht nachfragen??

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  4. Uahh, wie schrecklich. Solche Geschichten sind der Grund, warum ich erst vorletzte Saison Skifahren gelernt habe. Eine der ersten Regeln, die mir die Skilehrerin eingeimpft hat, war, Blick immer ins Tal und nie nach hinten. Zum Glück sieht man nichts mehr und es hat Dir offenbar auch nicht grundsätzlich die Freude am Skifahren verdorben.

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